Seit der Veröffentlichung des Recherchenetzwerks „Correctiv“ vor ein paar Wochen sind hunderttausende Menschen in ganz Deutschland auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsextremismus und für Demokratie einzustehen. Gleichzeitig mehren sich die Absichtserklärungen von Politikern, die Demokratie schützen und die AfD politisch bekämpfen zu wollen.
Angelika Tumuschat-Bruhn, Vorsitzende des Präsidiums des AWO Bezirksverbands Hannover e.V., begrüßt die zivilgesellschaftliche Mobilisierung gegen Rechtsextremismus sowie die politische Unterstützung, die diese erhalten. Gleichzeitig appelliert sie daran, mit allen Kräften gegen Rechtsextremismus vorzugehen: „Es ist ein starkes und wichtiges Signal, das aus der Zivilgesellschaft heraus gesendet wurde. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland stimmt mit den menschenverachtenden und rechtsextremen Ideen, die in der AfD und rechtsextremen Kreisen kursieren, nicht überein. Die deutsche Geschichte lehrt uns, dass es keiner Mehrheit bedarf, um die Demokratie auszuhebeln und dass es gefährlich und töricht ist, Rechtsextremisten und ihre Bestrebungen zu unterschätzen. Die Ergebnisse der Correctiv-Recherchen haben vielen Menschen erstmals bewusst gemacht, dass unsere Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist und wir jeden Tag neu für sie eintreten müssen.“
Daher fordert die AWO dazu auf, den Bekenntnissen zum Kampf gegen Rechtsextremismus Taten und dauerhaftes Engagement folgen zu lassen. Tumuschat-Bruhn appelliert: „Wir dürfen eine Entkopplung von Gesellschaft und Politik nicht zulassen! Wir alle sind gefragt, die Demokratie zu verteidigen.
Eine starke Demokratie braucht Demokraten: Auch der Vorstandsvorsitzende des AWO Bezirksverbandes Hannover e.V., Marco Brunotte, betont: „Es reicht nicht aus sich an einer Demonstration für Vielfalt zu beteiligen und danach selbstzufrieden nach Hause zu gehen. Wir brauchen eine engagierte, starke und laute Zivilgesellschaft und wehrhafte Institutionen, um den antidemokratischen Strömungen in diesem Land nachhaltig etwas entgegenzusetzen. Wir alle sind jetzt gefragt, keiner kann sich zurücklehnen. Es ist Zeit sich zu engagieren und zu widersprechen, wir dürfen nicht akzeptieren, dass rechtsextremes Gedankengut zum Kanon des politischen Diskurses gehört. Jetzt ist nicht die Zeit für Neutralität.“
Viel zu lange seien rechte Strukturen in staatlichen Institutionen hingenommen worden. Es sei die Aufgabe der Politik die Standhaftigkeit der Demokratie und ihrer Institutionen gegen rechtsextreme Tendenzen zu garantieren. Von Rechten unterwanderte Strukturen dürfen weder hingenommen noch ignoriert werden. Wer ernsthaft davon spreche, die Demokratie schützen zu wollen, müsse langfristig in sie investieren, so Brunotte. Politische Bildung gehöre in jedes Klassenzimmer, Präventionsmaßnahmen und -projekte müssten dringend verstetigt und ausgeweitet werden. „Es ist ein Armutszeugnis, dass Demokratie- und Bildungsprojekte immer die ersten Maßnahmen sind, bei denen der Rotstift angesetzt wird, wenn am Haushalt gespart werden muss. Eine Demokratie braucht Demokraten.“ Demokratie brauche auch stabile Strukturen, die Demokratie nachvollziehbar machen und politische Prozesse einordnen. Ein wichtiger Baustein hierfür sei eine freie und kritische Berichterstattung, wie zum Beispiel durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Keine Übernahme rechter Framings: Insbesondere in der Asyl- und Migrationspolitik werde deutlich, dass die demokratischen Parteien sich vielfach von der Rhetorik und den Framings der AfD treiben ließen, weil diese auf vermeintlichen Zuspruch unter den Wählern treffen. Immer wieder werde die Debatte von rassistischen Stereotypen unterwandert und falsche Annahmen und populistische Narrative legitimiert, in dem sie von anderen Parteien aufgegriffen würden. „Eine gute Asyl- und Migrationspolitik auf den Weg zu bringen, ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Damit dies gelingt, braucht es nachhaltige, langfristige und realistische Strategien. Diese müssen von unseren Werten und nicht von irrationalen Ängsten geleitet werden. Die Politik darf nicht zusehen, wie Geflüchtete und Migranten zu Sündenböcken für die Herausforderungen unserer Gesellschaft erklärt werden. Wir erwarten mehr Sensibilität und Verstand im gesellschaftspolitischen Diskurs.“
Ängste nicht schüren, sondern politisch auflösen: Verteilungskonflikte, wachsende Ungleichheit, sozioökonomische Polarisierung und Abstiegsängste sind präsente gesellschaftliche Ängste. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass diese Sorgen unter Wählern der AfD besonders ausgeprägt sind. Diesen Ängsten muss mit einer guten und gerechten Sozial- und Wirtschaftspolitik begegnen werden. Eine starke Demokratie könne nur stark sein, wenn sie die Grundbedürfnisse der Menschen befriede und sozialen Zusammenhalt garantiere: „Eine faire Sozialpolitik stärkt die Mittelschicht und nimmt Sorgen vor einem sozialen Abstieg. Menschen unterhalb der Mittelschicht brauchen ein Sozialsystem, das an sie glaubt, sie absichert und ihnen Perspektiven aufzeigt, um ihre Situation verbessern zu können. Ökonomische Sorgen und soziale Ungerechtigkeit auf einzelne Menschengruppen zu projizieren, ist eine altbewährte Taktik rechtsextremer Ideologien. Politische Akteure müssen solchen Narrativen deutlich widersprechen und den Ängsten der Menschen mit guten politischen Lösungen begegnen. Es wird Zeit, dass die Politik wieder große sozialpolitische Projekte angeht und Vertrauen in gesamtgesellschaftliche Zukunftsideen gewinnt. So kann verlorenes Vertrauen in unser politisches System und seine Institutionen.
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